4 Innenpolitik Neue Freie Zeitung Mindestens 3,5 Milliarden Euro für die Steuerzahler! Mit dem Steuerbrater und Herausgeber einschlägiger Sachbücher zum Thema Steuerrecht, Hubert Fuchs, hat die FPÖ den richtigen Mann auf die Steuerentlastungsreform angesetzt. Im NFZ-Interview nimmt er zum aktuellen Stand der Reformumsetzung Stellung. Herr Finanzstaatssekretär, die Wende in der Budgetpolitik ist mit dem Doppelbudget 2018/19 vollzogen. Wie sieht es mit der Arbeit an der Steuerentlastungsreform 2020 aus? Fuchs: Diese Bundesregierung hat es sich zum Ziel gesetzt, das Schuldenmachen zu beenden und die Abgabenquote bis 2022 in Richtung 40 Prozent zu senken – schließlich hat Österreich die sechsthöchste Steuerquote der Welt. Eine Entlastung ist daher eine Frage der Fairness. Wie wollen Sie das konkret anstellen? Fuchs: Das Steuerrecht muss einfacher und gerechter werden. Die Steuerentlastungsreform 2020 wird eine substanzielle Steuerreform und nicht bloß eine Tarifreform. Vor allem das Einkommensteuergesetz aus dem Jahr 1988 ist mit mehr als 160 Novellen unlesbar und unadministrierbar geworden. Hier werden wir eine völlige Neukodifizierung vornehmen müssen. Generelles Ziel ist es, nicht mehr zeitgemäße und komplizierte Ausnahmeregelungen zu streichen. Besonderes Augenmerk werde ich dabei auf die Lohnverrechnung legen. Man sollte zukünftig auch – von wenigen Ausnahmen abgesehen – unternehmens- und steuerrechtlich gleich bilanzieren. Stichwort Vereinfachungen der Gesetze: Was kann sich die Wirtschaft erwarten? Fuchs: Sämtliche Lohnabgaben sollen in einer „Einheitlichen Dienstgeberabgabe“ zusammengeführt werden. Alle Lohnabgaben sollen auch von einer einzigen Stelle innerhalb der Finanzverwaltung eingehoben werden, statt wie bisher durch Finanzamt, Sozialversicherung und Gemeinde. Das hat auch noch den Vorteil, dass Prüfungen ausschließlich von einer Stelle aus erfolgen. Somit entfallen Doppelgleisigkeiten und vor allem Doppelzuständigkeiten. Mit welchem Steuerentlastungsvolumen rechnen Sie? Fuchs: Mittels Simulationen werden die Auswirkungen einzelner Maßnahmen durchgespielt. Wir machen erst ein Wunschkonzert, dann schauen wir, was finanziell und politisch umgesetzt werden kann und soll. Derzeit haben wir für „Wir liegen voll im Fahrplan, die Steuerentlastung kommt 2020.“ die Steuerentlastungsreform bereits 3,5 Milliarden Euro Vorsorge im Budget getroffen. Wie hoch das Entlastungsvolumen am Ende sein wird, hängt vor allem davon ab, was wir uns leisten können. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage und der Konjunkturprognosen sollten es aber deutlich mehr als 3,5 Milliarden werden. Kommt die Steuerreform 2020 oder tritt sie schon dieses Jahr in Kraft? Fuchs: Wir liegen derzeit voll im Fahrplan. Die Steuerentlastungsgesetze werden im Frühjahr 2019 in die Begutachtung gehen, um dann spätestens im Rahmen der Herbstsitzung 2019 im Parlament beschlossen zu werden. Das wäre dann der erste Teil der Steuerentlastungsreform, der mit 1.1.2020 in Kraft treten soll. Der zweite Teil, die Abschaffung der „kalten Progression“, ein altes freiheitliches Anliegen, wird dann 2022 folgen. Foto: NFZ Foto: NFZ Thema der Woche Das Paradebeispiel der Steuerreform, die Lohnverrechung, wird drastisc Radikalkur für teilw Steuerreform à la FPÖ: Kein homöopathisches St Im Vergleich zur kommenden Steuerreform war die letzte von Rot- Schwarz ein homöopathisches Wahlzuckerl. Denn die FPÖ setzt die Axt an die Wurzeln des Steuergesetzes-Dickichts an, um nachhaltig Steuerzahler und heimische Unternehmen zu entlasten, damit Wachstum und Investitionen die Arbeitsplätze und den Wohlstand sichern. Das Budget ist das in Zahlen gegossene Regierungsprogramm, dementsprechend spiegelt es die Kehrtwende in der ideologischen Ausrichtung dieser Bundesregierung. „Weniger staatliche Bevormundung, mehr individuelle Freiheit und Verantwortung, Berechenbarkeit und Stabilität stehen für dieses neue Grundverständnis von verantwortungsvoller Politik, das durch die türkis-blaue Bundesregierung endlich auch in Österreich Einzug gehalten hat“, beschreibt FPÖ-Finanzsprecher Hermann Brückl diesen Wertewandel. „Radikale Reform“ des Systems Trotz einer im internationalen Vergleich höchsten Steuer- und Abgabenquote wuchs der Schuldenberg jedes Jahr, skizziert Brückl die Ausgangslage: „Wir sind Weltmeister im Regulieren und im Einschränken von Freiheit und Selbstverantwortung, sodass es in einigen Bereichen nur noch wenige Anreize gibt, zu arbeiten oder viele Menschen mit ihrem Nettolohn kaum noch das Auskommen finden.“ Daher bereitet FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs, der als Steuerberater den Wildwuchs in der Steuerbürokratie bestens kennt, eine „radikale Reform dieses teilweise kaputten Steuersystems“ vor. Vor allem das Einkommensteuergesetz aus dem Jahr 1988 ist de facto mit mehr als 160 Novellen unlesbar und unadministrierbar geworden. „Hier werden wir eine völlige Neukodifizierung vornehmen müssen“ kündigte Fuchs an, der sich dafür die Sommermonate freigehalten hat. Verständliche Steuergesetze Generelles Ziel ist es, nicht mehr zeitgemäße und komplizierte Ausnahmeregelungen zu streichen – wie etwa Reisekostenabrechnungen, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen. Es geht aber auch um die Vereinfachung bei Gewinnermittlung und
Nr. 34 Donnerstag, 23. August 2018 g Innenpolitik 5 POLITIK ANALYSIERT Foto: FPÖ Hermann Brückl FPÖ-Finanzsprecher h vereinfacht: Ab 2020 nur noch eine „Einheitliche Dienstgeberabgabe“ an eine Dienststelle. eise „kaputtes System“ euerzuckerl, sondern nachhaltige Lichtung des Gesetzesdschungels bei Bilanzierungsregeln. Man sollte zukünftig – von wenigen Ausnahmen abgesehen – unternehmens- und steuerrechtlich gleich bilanzieren. Auch die Abschreibungsdauern sollen verkürzt und an die Lebensrealität angepasst werden. Sein besonderes Augenmerk legt der erfahrene Steuerberater dabei auf der Lohnverrechnung: Sämtliche Lohnabgaben sollen in einer „Einheitlichen Dienstgeberabgabe“ zusammengeführt und von einer einzigen Stelle eingehoben werden, die dann auch für die Prüfung zuständig sein wird. Um für die heimischen Betriebe im internationalen Wettbewerb wieder Chancengleichheit herzustellen, soll die Körperschaftssteuer „in Richtung 20 Prozent“ gesenkt werden. Fuchs: „Einzelunternehmer und Personengesellschaften sollen steuerlich im gleichen Ausmaß entlastet werden wie Kapitalgesellschaften.“ Leistung muss sich lohnen Eine unternehmerfreundliche Reform? „Weit gefehlt, wir arbei- In nur fünf EU-Ländern gibt‘s weniger Netto vom Brutto als hierzulande. Grafik: Agenda Austria ten sehr intensiv an einem ausgeglichenen Gesamtkonzept, das Arbeitnehmer sowie kleinere und mittlere Unternehmen entlasten wird“, weist der koalitionsintern als FPÖ-„Reformstaatssekretär“ gehandelte Fuchs das „Präventivgejammere“ der Sozialisten zurück. Er hält es für „sehr wahrscheinlich“, dass das Entlastungsvolumen deutlich über den veranschlagten 3,5 Milliarden Euro liegen wird: „Klar mehr Netto vom Brutto für die Arbeitnehmer. Das haben wir versprochen, das bereiten wir jetzt auch vor.“ Ein wichtiger Punkt bei der Steurreform ist für FPÖ-Finanzsprecher Brückl auch die Neugestaltung des Pensionssystems. In steuerrechtlicher Hinsicht liegt der Schwerpunkt bei der Förderung der privaten Altersvorsorge als „dritte Säule“ des Pensionssystems. „Die derzeit gültigen Regelungen zur steuerlichen Förderung der Altersvorsorge sind zu einem Gutteil intransparent, ineffektiv und höchst komplex. Hier werden wir endlich eine umfassende und zukunftsorientierte Lösung zur Sicherung des Pensionssystems herbeiführen“, ist Brückl zuversichtlich. Die neue Koalition ist bereit für den dringend notwendigen politischen und gesellschaftlichen Wertewandel in Österreich. Es gilt, den Schuldenberg, der durch jahrzehntelange sozialistische Ausgaben- und Umverteilungspolitik herbeigeführt wurde, abzubauen. Wertewandel in Zahlen Den Sozialstaat vor Missbrauch zu schützen, staatliche Bevormundung zu beenden, die Leistungsträger unseres Staates und die Familien zu fördern und den Menschen mehr individuellen Spiel- und Gestaltungsraum zu lassen, haben wir als Kernaufgaben definiert. Damit dies gelingt, braucht es einen neuen Weg in der Finanzund Budgetpolitik. Dieser wurde bereits mit dem ersten Budget eingeschlagen, das die neue Koalition beschlossen hat. Gerade der Familienbonus als erste Maßnahme hat dies eindrucksvoll gezeigt. Wir entlasten ganz bewusst die österreichischen Leistungsträger und sichern gleichzeitig den Sozialstaat für die Einheimischen, die ihn wirklich brauchen. Bei der jetzt in Verhandlung stehenden Steuerreform ist es seit Jahren erklärtes Ziel von uns Freiheitlichen, die Verwaltungsabläufe zu straffen und zu vereinfachen. Ein gutes Beispiel dafür ist die einheitliche Dienstgeberabgabe. Nach diesen bürokratischen Erleichterungen für die Bürger und die Wirtschaft werden auch steuerliche Entlastungen folgen, die über Einsparungen in der Verwaltung finanziert werden. Wir wollen eine nachhaltige Steuerreform, damit den fleißig arbeitendenen Österreichern langfristig wieder mehr Netto vom Brutto zum Leben bleibt.
Laden...
Laden...
Laden...