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Leben nach der Querschnittslähmung

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Ratgeber für behinderte und pflegebedürftige Menschen. Ein Wegweiser.

Natürlich kann man all

Natürlich kann man all diese positiven Vorsätze nicht immer im Leben einhalten. Ich mache noch immer unglaublich viele Fehler, Tag für Tag. Ich ärgere mich, bin von mir selbst enttäuscht, wütend oder ungerecht. Es ist aber so, dass mir der Unfall eine klarere Richtung für das Leben gegeben hat. 13. 80 Nach der lange herbeigesehnten Entlassung aus dem Weißen Hof, rund ein halbes Jahr nach der Einlieferung, setzte ich in den ersten zwei Wochen daheim alles daran, um mein Training fortzusetzen. Bis zu sechs Stunden am Tag verbrachte ich auf der Turnmatte oder am Lauband, das ich mir angeschafft hatte, um das Gehen wieder zu erlernen. Zunächst gelang es bei einer eingestellten Geschwindigkeit von 1 km/h und mit zwei Händen abgestützt, meine Übungen zu absolvieren. Später war es möglich, das Lauband etwas schneller einzustellen und mit einer Hand am Haltegriff über das Band zu stolpern. Dann aber stand für mich der erste Arbeitstag am Programm. Während die Rehabilitationseinrichtung so etwas wie ein geschützter Bereich ist, in dem es viele Menschen gibt, die mit ihrem Problem zu kämpfen haben, ist man als plötzlich behinderter Mensch allein unter Kollegen, die sich völlig handicapfrei durch das Leben bewegen. Schon allein der Gang vom Parkplatz ins Büro war ein enormes Hindernis. Das Durchhalten auf dem Schreibtischstuhl für einen ganzen Arbeitstag war nicht frei von Schmerzen zu bewältigen. Aber nach und nach stellte sich der Körper wieder auf die alten Herausforderungen ein und im täglichen Arbeitsablauf dachte ich kaum daran, dass ich von nun an als behinderter Arbeitnehmer aktiv sein würde. Ich erhielt damals auch einen

Bescheid vom Bundessozialamt, der mir ausstellte, in „einem geschützten Bereich leichte Tätigkeiten ausführen zu können. Diesen Passus galt es mental sofort abzuhaken. Jeden Tag nach Dienstschluss absolvierte ich mein Training weiter, wenn nicht irgendwelche Sitzungen am Programm standen. Auch der Ankauf eines neuen Autos stand auf der Tagesordnung. Ich entschied mich für einen Smart, der mit einem Automatikgetriebe das Fahren wesentlich erleichterte. Meine Frau war entsetzt und weigerte sich zuerst, in das „Spielzeugauto einzusteigen. Später stellte sich Begeisterung ein, weil keine Parklücke zu klein für den kleinen Flitzer war. 81 Und dann war ich auch endlich wieder selbstständig und ohne fremde Hilfe auf der Straße unterwegs. Freilich musste eine Sonderprüfung bei einer Fahrschule absolviert werden. Die Behörde teilte mir jedoch mit, dass mein Motorradführerschein eingezogen werden müsse, weil man nicht davon ausgehen könne, dass ich jemals wieder dazu in der Lage sein würde, ein Motorrad zu lenken. Übrigens habe ich erst vor wenigen Monaten wiederum die Fahrschule absolviert und bin mittlerweile wieder einspurig unterwegs. Ein Ziel, das mir damals unerreichbar schien. Man soll also, egal wie aussichtslos einem die eigene Situation erscheint, niemals davon ausgehen, dass Dinge unerreichbar wären. Einerseits hat man es selbst in der Hand, durch konsequentes Training, Physiotherapie aber auch durch alternative Heilmethoden die eigene Situation zu verbessern, andererseits macht die Medizin immer wieder neue Fortschritte, die für die Zukunft völlig neue Perspektiven eröffnen. Ein positiver Zugang und eine positive Lebenseinstellung sind mit Sicherheit wesentliche Eckpfeiler für das weitere Vorankommen und die eigene Gesundheit.

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