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Leben nach der Querschnittslähmung

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Ratgeber für behinderte und pflegebedürftige Menschen. Ein Wegweiser.

72 Wenn man selbst

72 Wenn man selbst einmal das Leben aus der Perspektive eines Rollstuhlfahrers erlebt, erkennt man sehr rasch, wie viele Hürden es im alltäglichen Leben gibt, die ein Rollstuhlfahrer nicht ohne weiteres meistern kann. Viele dieser Hürden sind schier unüberwindbar und man fühlt sich als behinderter Mensch im Rollstuhl allzu oft vom eigentlichen Geschehen und vom Leben rundherum ausgeschlossen. Ich habe in meiner politischen Tätigkeit oft erlebt, dass als Argument für fehlende barrierefreie Maßnahmen angeführt wurde, dass man sich ohnehin helfen lassen könne, um ein Gebäude zu erreichen oder um in diesem unterwegs zu sein. Hier geht man also davon aus, dass es sich bei einem Rollstuhlfahrer grundsätzlich um einen hilfsbedürftigen Menschen handelt, der permanent in Begleitung unterwegs ist. Dass ist natürlich nicht der Fall und daher ist die Politik hier ganz besonders gefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, um Menschen im Rollstuhl echte Inklusion zu ermöglichen. Und es proitieren davon nicht nur behinderte Menschen sondern auch ältere Mitbürger, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Beine in jugendlichem Elan zu gebrauchen oder aber auch Mütter und Väter, die mit dem Kinderwagen unterwegs sind. In den meisten Fällen entstehen bei Neubauten kaum höhere Kosten, wenn man sie tatsächlich von Anfang an barrierefrei gestaltet. Lediglich bei Umbauten kann es zu größeren Problemen kommen. Und hier habe ich auch Verständnis dafür, dass nicht jedes alte Gebäude immer und im hundertprozentigen Ausmaß im öffentlichen Raum die gleichen Möglichkeiten bieten kann wie ein Neubau. 10. Erster Besuch daheim Ich war schon in sehr jungen Jahren fest entschlossen nicht Miete zu zahlen, sondern so rasch wie möglich ein eigenes Haus zu bauen oder zu kaufen. Ich war noch keine 23 Jahre alt, als ich

als junger Mitarbeiter der Fluglinie Lauda Air eine kleine Wohnung in Wien aufgab, um in Eisenstadt ein Haus zu kaufen und die Finanzierung aufzustellen. Die Fahrzeiten von meiner alten Wohnung in Wien Hietzing und der burgenländischen Landeshauptstadt unterschieden sich nicht. Sowohl über den Grünen Berg und die Südosttangente zum Flughafen als auch über Loretto, Stotzing und Fischamend nach Schwechat war man 45 Minuten unterwegs. Wenn es in Wien Stau gab, dann dauerte die Anfahrt in der Bundeshauptstadt entsprechend länger. Im Eisenstädter Ortsteil St. Georgen stand ein altes Bürgerhaus zum Verkauf. Es handelte sich um das älteste bewohnte Gebäude in dieser Ortschaft, die sich ganz dem Weinbau verschrieben hat. 73 Das Haus stammte aus dem Jahr 1697 und war von den Vorgängern liebevoll adaptiert worden. Es gab einen großen Weinkeller, eine alte Rauchkuchel und auch im Wohnzimmer selbst fand man ein tolles Gewölbe. Doch wie bei so alten Häusern üblich, gab es natürlich auch viele Stufen, die mich damals als junger Mann überhaupt nicht störten. Nun wurde dieses Haus für mich zum echten Problem. Bei meinem ersten Besuch daheim, war ich zwar bereits in der Lage aus dem Rollstuhl aufzustehen und mit Gehhilfen ganz kleine Strecken zurückzulegen, mir war jedoch nicht klar, ob ich die vielen Stufen von ebener Erde zu meiner Eingangstür auch tatsächlich schaffen würde. Natürlich war die Freude groß, als mich an einem Samstag Nachmittag meine Frau vom Weißen Hof abholte und wir den Weg ins Burgenland antraten. Wenn man nach langer Zeit die sterilen Krankenhauswände hinter sich lässt und auf der Straße das pulsierende Leben wieder entdeckt, scheint es so als würden sich völlig neue Türen öffnen. Man erlebt alles viel intensiver

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