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Leben nach der Querschnittslähmung

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Ratgeber für behinderte und pflegebedürftige Menschen. Ein Wegweiser.

vom Zirpen

vom Zirpen der Grillen und vom Pfeifen des Hangseglers, der in tiefem Überlug die Gesetze der Aerodynamik auch hörbar macht, ist eines der schönsten Erlebnisse. Der nahegelegene Flugplatz Pinkafeld beindet sich in Sichtweite dieses Hanges und oft war ich mit meinem Modellsegellugzeug gemeinsam mit einem „Großen auf der Suche nach dem besten Aufwind. Manchmal gesellte sich auch ein Bussard dazu, um mit seinem Pendant aus Balsaholz um die Wette zu kreisen. 28 Gelernt habe ich das Modellliegen von meinem Bruder Christian, doch es war mein Vater, der viel Zeit dafür verwendet hat, mich am Abend mit dem Auto nach Hochart zu bringen, damit ich dort meinem Hobby nachgehen konnte. Die „echten Segellugzeuge waren für mich damals in weiter Ferne und freilich hatte ich mir immer gewünscht, einmal selbst in einem Cockpit sitzen zu können. Mit der Übersiedlung nach Eisenstadt und dem Eintritt in die HTBL-Flugtechnik war dieser Wunsch noch größer geworden. Die Ausbildung an der HTBL-Flugtechnik enthielt neben vielen Theoriestunden auch sehr viel Praxis. Wir wurden in Holzarbeiten, Drehen, Schweißen, Löten, Elektroinstallation, im Biegen von Blechen, Setzen von Nieten und an Flugzeugen direkt in einem kleinen Hangar ausgebildet. Eine der aufregendsten Aufgaben war es damals, eine Etrich-Taube zu renovieren, die heute an der Decke des Technischen Museums in Wien hängt. Die Etrich-Taube stammt aus dem Jahr 1909 und wurde vom österreichischen Flugpionier Igor Etrich entwickelt. Die HTL-Eisenstadt hatte die Aufgabe erhalten, mit Schülern der Flugtechnik eine Komplettrestaurierung der Flugmaschi-

ne vorzunehmen. Heute würde sich vermutlich kein Mensch mehr in diese enge Kiste mit ihrem viel zu schweren Motor und den iligranen Steuervorrichtungen setzen, um vom Boden abzuheben. Damals war jeder Flug noch eine reale Gefahr für Leib und Leben. Das Flugzeug hatte keine Ruder im klassischen Sinn. Es wurde ausschließlich durch Flächenverwindung gesteuert. Die Arbeit an diesem Flugzeug war für uns überaus lehrreich und der Pioniergeist dieser Jahre sprang auch auf uns über. Vielleicht ist das der Grund dafür, warum ich später vor allem an leichtgewichtigen Flugzeugen, an Segellugzeugen, Motorseglern, Hängegleitern und Paragleitern interessiert war. Ich habe als Bordtechniker viele Flüge vor allem mit der Boeing 767 und der Boeing 737 absolviert, um neue oder frisch gewartete Triebwerke zu prüfen. Doch das Fliegen mit einem kleinen Flugzeug ist damit nicht vergleichbar. Je kleiner das Flugzeug, umso echter das Fluggefühl, umso grenzenloser die Freiheit, die man auch in der Luft spürt. Ein Blick aus dem Fenster eines Passagierlugzeuges ist wie das Betrachten eines Bildes. Bei einem Flug mit einem Hängegleiter fühlt man sich als Teil dieses Bildes, als Teil der Strömung, frei wie ein Vogel. Es ist eine Mischung aus Respekt vor den Gewalten der Luft, unendlicher Freude und manchmal auch Angst. 29 Doch vom Fliegen waren wir Schüler damals noch weit entfernt. Neben den Arbeiten an der Etrich-Taube durften wir unter Aufsicht auch bereits kleinere Wartungsarbeiten an Segellugzeugen durchführen. Doch keiner von uns hatte schon Flugstunden bekommen. Eines Tages wurde uns eröffnet, dass am Flugplatz Spitzerberg ein Segellugkurs für die Schüler der HTL angeboten wurde. Ich

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