6 Innenpolitik Neue Freie Zeitung Fortpflanzung: Niemand hat ein Recht auf ein Kind! Zigtausende besorgte Bürger haben den Nationalratsabgeordneten per E-Mail ihre Ablehnung des Fortpflanzungsmedizingesetzes mitgeteilt. Trotzdem wurde es in Windeseile durchgepeitscht und stand am Mittwoch auf der Tagesordnung des Nationalrates. Wie beim Homo-Adoptionsrecht (siehe Thema der Woche) waren es auch diesmal die Höchstgerichte, die in einem ethisch und moralisch hochsensiblen Bereich vorpreschten. Über Antrag des Obersten Gerichtshofs stellte der VfGH fest, der Ausschluss lesbischer Paare von der Möglichkeit, mittels Samenspende Kinder zu bekommen, sei verfassungswidrig. Das neue Gesetz sieht aber noch viel mehr vor: Eizellenspenden werden ebenso erlaubt wie die Anwendung der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) in Ausnahmefällen. Dies bedeutet, dass ein mit künstlicher Befruchtung erzeugte Embryo Norbert Hofer vor seiner Einpflanzung auf schwere Krankheiten oder Behinderungen untersucht werden darf, wodurch darüber entschieden wird, ob dieser Embryo weiter leben darf oder nicht. „So kann beispielsweise erkannt werden, ob eine genetische Determination für Brustkrebs vorliegt. Angelina Jolie kann froh sein, dass ihre Eltern keine PID angewendet haben“, bringt FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein ein prominentes Beispiel. Dagmar Belakowitsch-Jenewein Geschäfte mit Eizellen Bedenken, denen sich der Dritte Nationalratspräsident und freiheitliche Behindertensprecher Norbert Hofer voll anschließt: „Behindertes Leben kann auch dann getötet werden, wenn der Fötus außerhalb der Mutter lebensfähig wäre.“ Bei den Eizellenspenden ortet er Geschäftemacherei, ohne auf die gesundheitlichen Risikien hinzuweisen, und eine Täuschung sich sehnlichst Kinder wünschender Paare, denn: „80 % der Frauen gehen nach einer In-vitro-Fertilisation ohne Kind nach Hause – Der Traum wird so zum Trauma.“ Fotos: Robert Lizar (2) Für Belakowitsch-Jenewein ist die neue Regelung „ein Randgruppengesetz“ vor allem auf Betreiben der Homo-Lobby, die sich besonders für Samenspenden an lesbische Frauen eingesetzt hat. „Diese Menschen glauben, sie haben ein Recht auf ein Kind. Aber kein Mensch hat das, ein Kind ist ein Geschenk.“ Wer in einer Gemeinschaft lebt, aus der Kinder nicht hervorgehen können, der müsse das zur Kenntnis nehmen. ÖVP-Abgeordnete unter Druck Neben den Freiheitlichen äußerten sich im Vorfeld der Abstimmung auch einzelne ÖVP-Mandatare kritisch – allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. „Sie haben befürchtet, dass sie, wenn sie dagegen stimmen, beim nächsten Mal kein Mandat mehr bekommen“, schildert Belakowitsch-Jenewein den Druck in der ÖVP, die sich unter Mitterlehner „immer weiter in die links-linke Richtung“ bewege. Die FPÖ gab den Abgeordneten aber mit einer namentlichen Abstimmung die Gelegenheit, ihrem Gewissen statt dem Klubzwang zu folgen. Wie viele dies getan haben, stand zur Redaktionsschluss der NFZ noch nicht fest. Foto: Andreas Ruttinger Thema der Woche Siegeszug der Ho ÖVP gibt jeden Widerstand gegen gesellschaftsp Stück für Stück erkämpfen Homosexuelle alle Rechte, die ihnen die Natur verwehrt. Die Regierungsparteien und auch der Verfassungsgerichtshof helfen dabei kräftig mit. Die angebliche Familienpartei ÖVP hat der Adoption durch Homo-Paare und der Lesben-Befruchtung durch eine Samenspende nichts mehr entgegenzusetzen. Gut fünf Jahre ist es her, dass in Österreich gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit gegeben wurde, eine „eingetragene Partnerschaft“ zu begründen. Die Freiheitlichen warnten schon damals, durch dieses Gesetz werde die Tür auch zum Adoptionsrecht für Schwule und Lesben aufgestoßen. Und sie behielten Recht: Der Verfassungsgerichtshof erklärte die Regelung, wonach Homosexuelle zwar die leiblichen Kinder ihres Partners oder ihrer Partnerin adoptieren dürfen, nicht aber fremde Kinder, für diskriminierend. SPÖ und Grüne jubelten, die ÖVP knickte sofort ein und erklärte sich in Person von Justizminister Wolfgang Brandstetter bereit, den Auftrag der Höchstrichter auf Punkt und Beistrich umzusetzen. Karmasin erste ÖVP-Umfallerin Vieles deutet darauf hin, dass die sich ihrer Kernwählerschaft gerne als „Familienpartei“ präsentierende ÖVP es genau darauf abgesehen hat. Kurz nach der Angelobung der Regierung im Jahr 2013 waren aus der ÖVP erste Stimmen für ein uneingeschränktes Adoptionsrecht für Homosexuelle zu hören. Ausgerechnet Familienministerin Sophie Karmasin brachte im Februar 2014 das Thema auf: „Ein alleinstehender Homosexueller darf ein Kind adoptieren, insofern ist es nicht ganz logisch, warum ein homosexuelles Paar das nicht darf.“ Erhoffte Niederlage für ÖVP Im Verfahren, das der Verfassungsgerichtshof nun zu führen hatte und im Sinne der Homo-Paare entschied, gab die Regierung nicht einmal eine Stellungahme ab. Der Justizminister rechnete also mit einer Niederlage – und erhoffte sie möglicherweise sogar, um seine Partei aus dem Schussfeld einer immer aggressiver auftretenden Homo-Lobby nehmen zu können. Wie die Freiheitlichen aufzeigen, gibt es trotz des VfGH-Entscheids noch Mittel und Wege, die Adoption von Kindern heterosexuellen Paaren vorzubehalten. „Wenn das
Nr. 4 ■ Donnerstag, 22. Jänner 2015 Innenpolitik 7 Der Regenbogen als Symbol völliger familienpolitischer Beliebigkeit. Die ÖVP gibt dem Drängen der lautstarken Lobby nach, das Kindeswohl wird ausgeklammert. POLITIK ANALYSIERT mo-Lobby: Jetzt Adoption! olitische Experimente auf – FPÖ will Familie in der Verfassung schützen der ÖVP ein Anliegen ist, stehen wir gerne bereit, mit ihr gemeinsam den Schutz der Familie als Staatszielbestimmung in der Verfassung zu verankern. Damit würde sich auch der Blickwinkel des Verfassungsgerichtshofs ändern, aus dem dieser solche Gesetze zu prüfen hat“, sagt FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan. Eine ähnliche Regelung beschloss Ungarn und definierte dabei die Familie im traditionellen Sinn, bestehend aus Mutter, Vater und Kindern. Sauer ist Harald Stefan auf die ÖVP auch, weil sie es durch Zustimmung zu immer liberaleren Adoptionsregelungen möglich machte, dass Homo-Paare nun wohl auch bald fremde Kinder adoptieren können. Ausschlaggebend Foto: © Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS Der Kniefall der ÖVP vor der Homo-Lobby „Ich bin [...] der festen Überzeugung, dass es für ein Kind eben das Beste ist, wenn es [...] Bezugspersonen beiderlei Geschlechts hat. Soweit möglich, sollte dieser Idealfall mit einer Adoption auch nachgebildet werden.“ dafür war die Erlaubnis der „Stiefkind-Adoption“ durch Homosexuelle, und die wiederum wurde nötig, weil EU-Höchstrichter eine Diskriminierung gegenüber unverheirateten Heterosexuellen orteten, die Kinder ihrer Partner annehmen. Beide, nicht zwei Elternteile FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wies in einer Pressekonferenz am Dienstag auf die EU-Grundrechtecharta hin, in der es heißt: „Jedes Kind hat Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen.“ Beide Elternteile interpretiert er als Vater und Mutter und nicht bloß als zwei Elternteile unabhängig ihres Geschlechts. Alexander Höferl Ex-Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) 5. Juli 2013 „Ich denke, es gibt gute Beispiele dafür, dass sich Kinder in homosexuellen Partnerschaften wohlfühlen können. [...] Wo Kinder sich wohlfühlen, ist Familie.“ Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) 28. Februar 2014 CHRONOLOGIE 2010 trat in Österreich das Eingetragene Partnerschafts-Gesetz (EPG) in Kraft, das homosexuellen Paaren die Möglichkeit gibt, eine ehe-ähnliche Beziehung einzugehen. 2013 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass es auch Homosexuellen gestattet sein müsse, die leiblichen Kinder ihrer Partner zu adoptieren. So wurde die „Stiefkindadoption“ auch für Homo-Paare gesetzlich ermöglicht. 2015 entschied der VfGH, das Adoptionsrecht für Homosexuelle müsse auf fremde Kinder ausgeweitet werden. Dies ist bis 31. Dezember umzusetzen. Foto: Alexander Haiden / BMLFUW Foto: NFZ Anneliese Kitzmüller Familiensprecherin der FPÖ In Zukunft ist es homosexuellen Paaren möglich, fremde Kinder zu adoptieren. Sie werden heterosexuellen Lebensgemeinschaften somit in jeder Hinsicht gleichgestellt. Möglich gemacht hat das nicht etwa der Gesetzgeber, sondern der Verfassungsgerichtshof (VfGH). Für das Kindeswohl Freiheit von Diskriminierung und völlige Gleichstellung sind nicht dasselbe. Schwule und lesbische Paare sollten sich dem Kindeswohl unterordnen müssen. Dieses Kindeswohl muss zu jeder Zeit im Zentrum unseres Handelns stehen. Es ist problematisch, dass der Verfassungsgerichtshof versucht, die Gesellschaft nach seinen Vorstellungen zu formen. Dazu sind – in gewissem Rahmen – Politiker berufen, aber keine Richter. Richter haben sich an den Vorgaben der Politik zu orientieren. Kinder brauchen den Einfluss einer Mutter und eines Vaters. Nur so kann eine gedeihliche Entwicklung gewährleistet werden. Alles andere sind linksgerichtete Utopien. Doch außer uns Freiheitlichen scheint keine maßgebliche Partei mehr den Mut zu finden, diese Kritik zu formulieren. Es ist mittlerweile symptomatisch, dass auch die Volkspartei voll auf den Gender- und vermeintlichem Gleichheitskurs eingeschwenkt ist. Parteiobmann Reinhold Mitterlehner scheint sich nicht mehr um die Mitte zu bemühen, sondern seine Partei verstärkt für Grün-Wähler öffnen zu wollen. Echte Liberalität und Freiheit haben mit dieser Abgehobenheit nichts zu tun. Unterschiedliche Lebensmodelle müssen unterschiedliche Rechte und Pflichten mit sich bringen.
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