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Der Fahrplan für die Verhandlungen steht

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In 25 Fachgruppen will die FPÖ die Reformbereitschaft der ÖVP abtesten

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4 Innenpolitik Neue Freie Zeitung Aufgaben der Sozialpartner sind infragezustellen FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger stellt im NFZ-Interview den Sozialpartnern die Rute ins Fenster. Sollten sie sich weiterhin nur als „Reform-Blockierer“ erweisen, dann sollte man deren bisherigen Aufgaben samt Zwangsmitgliedschaft hinterfragen. Herr Abgeordneter Kassegger, müssen die Arbeitnehmer um Urlaubs- und Weihnachtsgeld fürchten, wie ÖGB-Chef Erich Foglar warnt, wenn es zu einer Koalition mit der ÖVP kommt? Kassegger: Das ist eine reine Wahlwerbung des Herrn ÖGB-Präsidenten für seine Wiederwahl am nächstjährigen ÖGB-Kongress. Niemand in der FPÖ und – wie ich überzeugt bin – auch in der ÖVP hat die Absicht, den Arbeitnehmern das wegzunehmen. Ist Foglars Warnung also nur ein Versuch, die SPÖ ins Koalitionsspiel zurückzubringen? Kassegger: Gut möglich, aber es ist für mich einmal mehr ein Zeichen, dass der ÖGB als Sozialpartner an Reformen für das Land nicht interessiert ist. Die letzte große Tat der Sozialpartner, sich von den Mutterparteien SPÖ und ÖVP in den Verfassungsrang erheben zu lassen, war rein eigennützig. Davon profitieren nur die Kammerfunktionäre, aber nicht die Zwangsmitglieder. Wir werden sicher nicht die Sozialpartnerschaft abschaffen. Aber sie werden sich den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft nicht weiter so verschließen können wie bisher. Da gab es letztlich nur wahlbedingte Zwischenrufe, wie etwa 2013 jenen von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, wonach Österreich „abgesandelt“ sei. Danach war vom Herrn Leitl nichts mehr zu hören und die Wirtschaftsbundabgeordneten stimmten im Parlament unbekümmert allen weiteren Belastungen und dem Ausbau der Bürokratie - Stichwort: Registrierkassenpflicht - zu. Da wundert es nicht, dass ein Viertel der Österreicher die Sozialpartner nur noch als Blockierer wahrnimmt. Welche Aufgaben sollen die Sozialpartner noch „Sozialpartner werden nur noch als Blockierer wahrgenommen.“ wahrnehmen? Kassegger: Ich glaube, da sollten wir einmal alles außer den Kollektivvertragsverhandlungen in Frage stellen. Jeder Österreicher registriert doch nur noch mit Verwunderung, wenn etwa zur Lohnbenachteiligung von Frauen genau bei den Herrschaften im Parlament die größten Krokodilstränen fließen, die diese Ungleichbehandlung abstellen könnten, nämlich die Sozialpartner. Da verfestigt sich der Eindruck, dass diese Herrschaften nur noch zum Eigenerhalt und zur Selbstversorgung in ihrer Funktionärsblase leben. Da beklatscht der Industriellenvereinigungschef jene rot-grünen Pläne zur Bildungspolitik, die dafür verantwortlich sind, dass bereits 25 Prozent der Pflichtschulabgänger derart katastrophale Lese- und Rechenschwächen haben, dass sie für keinen Lehrausbildung tauglich sind. Wenn sich die Sozialpartner diesen Herausforderungen nicht stellen und endlich wieder die Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen, dann führen sie selbst die Zwangsmitgliedschaft ad absurdum. Dann sollten die Zwangsmitglieder oder alle Österreicher über einen Systemwechsel abstimmen. Foto: NFZ Foto: NFZ Thema der Woche Arbeiterkammer: Nur noch Bankomat für millionenschwere Funktionärspr Wozu brauchen wi Reformblockade, Zwangsmitgliedschaft, Pensions Österreichs Sozialpartner leben von den Taten der Vergangenheit. Seit der Erhebung in den Verfassungsrang 2008 sind sie nur noch durch gegenseitiges Blockieren und das Verhindern von Reformen aufgefallen. Nach der FPÖ sind auch ÖVP und sogar Teile der SPÖ von einer notwendigen Reform des Kammerwesen überzeugt. Im Vorfeld der schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen ist bei den SPÖ-dominierten Sozialpartnern Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB) Angst um den Verlust von politischem Einfluss und gutbezahlter Funktionärsposten gestiegen. Vor allem das Thema Zwangsmitgliedschaft versetzte zuletzt ÖGB-Präsident Erich Foglar in Panik, der prompt das Ende des 13. und 14. Monatsgehalts an die Wand malte. Unzufriedenheit auch in ÖVP Aber auch in der ÖVP hatte sich der Ärger über die Sozialpartner breit gemacht. Finanzminister Hans- Jörg Schelling hatte gar schon im Mai die Sozialpartnerschaft für tot erklärt: „Sie weiß es nur noch nicht.“ Und ÖVP-Chef Sebastian Kurz richtete im Wahlkampf deshalb den Sozialpartnern aus, dass sie sich künftig auf ihre Kernaufgaben – etwa Kollektivvertragsverhandlungen – fokussieren und die Finger von der Politik lassen sollten. Die Pflichtmitgliedschaft in der Arbeiter- und der Wirtschaftskammer – die es europaweit sonst nur noch in Luxemburg gibt – ist samt der Institution Sozialpartner selbst im Jänner 2008 von SPÖ und ÖVP verfassungsrechtlich abgesichert worden. Aufgaben hinterfragen Im engeren Sinn ist die Aufgabe der Sozialpartner die Verhandlung von Kollektivverträgen. Sie haben sich aber auch ein Mitgestaltungsrecht bei der Gesetzgebung (Gesetzesbegutachtung), der Verwaltung (etwa beim Arbeitsmarktservice), der Gerichtsbarkeit (Laienrichter bei Arbeits- und Sozialgerichten) und maßgeblich in der Sozialpolitik (in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung) abgesichert. Durch die Pflichtmitgliedschaft arbeiten in Österreich etwa 95 Prozent aller Arbeitnehmer unter einem Kollektivvertrag, in Deutschland sind es etwa 58 Prozent. Die monatliche Arbeiterkammerum-

Nr. 44 Freitag, 3. November 2017 g Innenpolitik 5 POLITIK ANALYSIERT Foto: NFZ HC Strache FPÖ-Bundesparteiobmann ivilegien, gespeist aus den Zwangsbeiträgen der arbeitenden Zwangsmitglieder? r die Sozialpartner noch? privilegien: Die Kritik am Kammerzwangssystem wächst Grafik: Agenda Austria lage für den Arbeitnehmer beträgt 0,5 Prozent der Beitragsgrundlage zur Krankenversicherung. Die 3,64 Millionen AK-Mitglieder zahlten zuletzt 433 Millionen Euro an Beiträgen. Die Wirtschaftskammer nahm zuletzt 541 Millionen Euro von ihren 506.000 Mitgliedern, darunter 60 Prozent Ein-Personen-Unternehmen, ein. Teure Funktionärsversorgung Ins Gerede gekommen ist die Arbeiterkammer Wien, die de facto die Bundesagenden der AK wahrnimmt. Dort sind die „personalabhängigen Rückstellungen“ von 5,3 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 68,3 Millionen Euro im Jahr 2014 gestiegen, eine Zunahme von 1.183 Prozent. Wegen des im Grunde gleichgebliebenen Personalstands ist das nur erklärbar mit großzügigen Pensions- und Abfertigungszusagen für die 580 Mitarbeiter. Denn bundesweit wurden diese Rückstellungen gerade einmal verdoppelt. Die AK kann sich das leisten, stiegen doch die Einnahmen von 346 Millionen im Jahr 2010 auf 433 Millionen im Vorjahr an. Hier, so die Angst der SPÖ-Gewerkschafter, könnte der Gesetzgeber eingreifen und mit Zweidrittel- AK-Beiträge stiegen stärker an als das Wirtschaftswachstum. mehrheit die Höchstgrenze von 0,5 Prozent im AK-Gesetz senken. Umdenken ist notwendig Zudem hat auch das Ansehen der Sozialpartner in den letzten Jahren gelitten, bereits ein Viertel der Österreicher sehen sie nur noch „als Blockierer“ der notwendigen Reformen. Selbst in der SPÖ sind nach dem „Plan A“ von Christian Kern darüber Diskussionen aufgebrochen. Für die ehemalige SPÖ-Staatssekretärin und Siemens-Personalchefin Brigitte Ederer bietet der Kollektivvertrag keine Antworten auf die arbeitsrechtlichen Fragen, die durch die Modernisierung aufgeworfen werden. Und das österreichische Arbeitsrecht zeichne sich nur noch durch seine Realitätssferne aus. Die FPÖ spricht sich für eine Volksabstimmung zur Kammerzwangsmitgliedschaft aus. Ist diese nicht umzusetzen, dann sollte eine stufenweise Senkung auf 50 Prozent der derzeitigen Beitragshöhe in den nächsten fünf Jahren bei den Kammern umgesetzt werden, als deren Beitrag zu einer Lohnnebenkostensenkung. Nur die Landwirtschaftskammer soll davon vorerst noch ausgeklammert werden. Kaum ein Österreicher entkommt ihnen: den Kammern. Als Arbeiter oder Angestellter gehört man zu den 3,6 Millionen Zwangsmitgliedern der Arbeiterkammer und entrichtet seine Mitgliedsbeiträge, ohne je gefragt worden zu sein oder kündigen zu können. Als Unternehmer ist man über die Firma Zwangsbeitragszahler der Wirtschaftskammer Österreich. Ein Ende des Zwangs Ende 2014 hatten alle Arbeiterkammern Österreichs ein Vermögen von fast einer halben Milliarde Euro angehäuft, die Wirtschaftskammer gar eines von 1,1 Milliarden. Die meisten Unternehmer können von solchen Luxus-Zuständen, die sie selbst finanzieren müssen, nur träumen. Die seit 2008 mit Verfassungsmehrheit „abgesicherte“ Zwangsmitgliedschaft sichert die strukturelle Konservierung im Kammerwesen. Zwangsmitgliedschaften widersprechen diametral freiheitlichen Grundsätzen. Es gibt in vielen Ländern der Welt, aber auch in Österreich, eine große Anzahl von Interessenvertretungen mit Mitgliedschaften auf freiwilliger Basis, die hervorragende, professionelle Arbeit für ihre Mitglieder leisten. Das Argument, dass im Rahmen einer freiwilligen Mitgliedschaft die Interessenvertretung weniger wirksam ist, wird von diesen Vereinigungen hundertfach widerlegt. Zwangsmitgliedschaften und Zwangsgebühren in der Form, wie wir sie in Österreich haben, gibt es überhaupt nur noch in sehr wenigen Ländern. Daher ist es höchste Zeit, dass auch wir Österreicher diese überholte Form der „erzwungenen Interessenvertretung“ überdenken und neu organisieren.

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