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Beschränkung auf Risikogruppen und Lockerung für Gesunde und die Wirtschaft

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4 Innenpolitik Neue Freie Zeitung „Wir sind das Auge der Medizin!“ Wer macht eigentlich die Corona-Tests, über die derzeit viel berichtet und auch gestritten wird? Soll und kann es mehr Tests geben? Und sind Schnelltests sinnvoll? Die NFZ hat mit Bettina Stelzhammer gesprochen. Sie ist eine von österreichweit mehreren tausend Biomedizinischen Analytikerinnen und als „Senior Lecturer“ in der Ausbildung dieses Berufszweigs an der Fachhochschule Salzburg tätig. Frau Stelzhammer, was genau sind und was leisten Biomedizinische Analytikerinnen und Analytiker? Stelzhammer: Die wenigsten wissen vermutlich, was BMA überhaupt tun. Es ist aber eine Tatsache, dass nahezu alle Österreicherinnen und Österreicher Leistungen von BMA in Anspruch genommen haben. Ein bekanntes Beispiel dazu wäre die Untersuchung eines Blutbildes oder die Bestimmung von Blutfettwerten wie dem Cholesterin. Bei der Befundbesprechung Foto: Privat mit dem Arzt haben Sie sich auf die Richtigkeit der Werte verlassen – und das zurecht! Die Grundlagen und die Bereitstellung für solche Befunde beruht auf der Arbeit der BMA. Wir nehmen somit eine Schlüsselrolle im Gefüge des Gesundheitswesens ein. Wir liefern die entscheidenden Grundlagen für Diagnosefindung und Therapieentscheidung. Wir sind das Auge der Medizin. Wie genau laufen jetzt die vielen Corona-Tests ab? Stelzhammer: Es gibt drei Möglichkeiten, das Virus nachzuweisen. Erstens über das Genmaterial des Virus, zweitens über Eiweißstrukturen des Viruspartikels. Diese Möglichkeiten bestehen ab dem Beginn der Infektion. Der dritte Weg führt über die Immunantwort des Körpers auf das Virus. Diese Antwort gibt der Körper jedoch erst drei bis fünf Tage nach dem Erstkontakt mit dem Virus. Welche Methode ist sie zuverlässigste? Stelzhammer: Die derzeit sicherste, aber sehr aufwändige Standardmethode kann das genetische Material des Virus nachweisen. Sie „Mit der Aussicht auf ein falsch negatives Ergebnis kann sich niemand in Sicherheit wiegen. Schneller ist nicht besser.“ ist der Goldstandard des heutigen Wissens und bedient alle geforderten Leistungsmerkmale mit bester Aussagekraft. Das Verfahren nach dieser Methode dauert in der Regel rund vier Stunden. Daher der Ruf nach Schnelltests. Wie funktionieren die? Stelzhammer: Die Schnelltests weisen Eiweißpartikel des Virus oder Eiweißstrukturen der Immunantwort des Körpers nach. Diese Tests erfüllen die Leistungsmerkmale nicht in dem Umfang, wie es der Gennachweis kann, sind daher weniger sicher und können falsch negative Ergebnisse zur Folge haben. Die Ergebnisse liegen im Durchschnitt zwar in einer Stunde vor – aber mit der Aussicht auf falsch negative Ergebnisse, können sich Patientinnen und Patienten nicht in Sicherheit wiegen. Schneller ist nicht besser. Aber ist es nicht auch schon etwas wert, wenn ich mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, nicht mit Corona infiziert zu sein? Stelzhammer: Stellen Sie sich vor, Sie werden auf Covid-19 mittels eines Schnelltests negativ getestet. Mit der guten Nachricht – keine Corona Infektion zu haben – kommen Sie nach Hause und stecken alle Familienmitglieder in kürzester Zeit an. Die Folgen wären dramatisch! Wie kann es dann gelingen, auf die von Kanzler Kurz versprochene Zahl von 15.000 Testungen pro Tag zu kommen? Stelzhammer: Es wurde schon in den Medien gesagt, dass bei der derzeitigen Kapazität in einem der größten Labors des Landes mit einer 24-stündigen Auslastung 7 Tage pro Woche es 29 Jahre dauern würde, um alle Österreicherinnen und Österreicher durchzutesten. Daher erscheint es sinnvoll, ein österreichweites Gesamtbild der Ressourcen, des Personals und der Laborausstattung inklusive Arbeitsmittel zu erheben. Mit diesem Wissensstand, dessen Ermittlung unverständlicherweise bislang verabsäumt wurde, empfiehlt es sich, eine zentrale Organisationsstelle für ein professionelles gesundheitsökonomisches Management der Krise einzurichten. So ergibt sich die Möglichkeit, den Testungsumfang wesentlich zu erweitern und eine Datenbasis zur Durchseuchungsrate aufzubauen. Die Regierung hat jetzt den Vorschlag von Klubobmann Herbert Kickl aufgegriffen, eine repräsentative Gruppe aus der Bevölkerung zu testen, um einen Überblich über die tatsächliche Ausbreitung des Virus zu bekommen. Wir groß müsste Ihrer Ansicht nach eine solche Stichprobe sein und wäre das mit den derzeitigen Kapazitäten bewältigbar? Stelzhammer: Dazu braucht man statistische Berechnungsmodelle. Diese weisen – je nach Methode und Voraussetzung – eine Stichprobengröße von annähernd 10.000 Probanden aus. Die dafür geeigneten Covid-19 Enzym-Antikörpertests sind voraussichtlich in wenigen Wochen am Markt, aber derzeit noch nicht erhältlich. Da liegt noch viel Arbeit vor uns. Die Regierung beruft sich oft auf die Einschätzung von Expertinnen und Experten. Ist auch Ihre Berufsgruppe im Krisenstab vertreten? Stelzhammer: Meines Wissens nicht. Und das muss sich ändern! Foto: Miguel Á. Padriñán auf Pixabay Thema der Woche Nichts mi Die Ankündigung des Kan Die vollmundige Ankündigung von Bundeskanzler Sebastian Kurz, man wolle bald auf 15.000 Corona-Tests pro Tag kommen, erwies sich als leeres Versprechen. Die Zahlen waren zuletzt sogar rückläufig und lagen Ende März bei rund 3.000 pro Tag. Ein belastbares Ergebnis über die tatsächliche Verbreitung des Coronavirus in Österreich lässt sich dadurch nicht gewinnen. Dennoch ließ es sich die Regierung nicht nehmen, bei der Präsentation ihrer Zwischenbilanz am Montag auf die Wirksamkeit der Maßnahmen zu verweisen. Allerdings musste Kurz die ursprünglich versprochene „Auferstehung des Systems nach Ostern“ absagen. Jetzt ist von einem „Marathonlauf“ die Rede. Die Maßnahmen wurden sogar noch verschärft, insbesondere durch eine „Maskenpflicht“ beim Einkauf in Supermärkten, die sich als das nächste Strohfeuer herausstellte. Lieferengpässe sind wohl dafür verantwortlich, dass die Lebensmittelketten den Mund- und Nasenschutz zunächst nur in Geschäften ausgeben müssen, welche mehr als 400 Quadratmeter haben.

Nr. 14 Donnerstag, 2. April 2020 g Innenpolitik 5 POLITIK ANALYSIERT Foto: FPÖ Herbert Kickl FPÖ-Klubobmann t „Testen, testen, testen!“ zlers währte nicht lang, jetzt soll eine Zufalls-Stichprobe her Überdies herrscht Uneinigkeit, ob Masken überhaupt die Verbreitung des Virus eindämmen können. Die Weltgesundheitsorganisation WHO etwa warnt vor zusätzlichen Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren. Kehrtwende bei Masken Für Empörung sorgte auch der Umstand, dass Kurz selbst es war, der noch am 8. März in der ORF-Pressestunde erklärt hatte, es sei „absolut falsch, jetzt [...] mit Schutzmasken durch die Gegend zu laufen, vor allem, wenn es Masken sind, die einen ohnehin nicht schützen.“ Als „nicht erforderlich“ hatte auch Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) die Masken am 24. Februar bezeichnet. Zufalls-Stichprobe geplant Zurück zu den Tests: Als Ersatz des offenkundig gescheiterten Plan A von 15.000 Testungen pro Tag präsentierte der Bundeskanzler Plan B: eine Stichprobenuntersuchung von 2.000 Österreichern. Diese soll von Mittwoch bis Freitag dieser Woche durchgeführt werden. Allerdings handelt es sich nicht um eine repräsentative Stich- Leere Versprechen von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Selbst bei den stichprobenartigen Tests wegen des Corona-Virus weiß man nicht, was man von den Angaben der Bundesregierung halten soll... Foto: NFZ probe, denn abgesehen von einer auf die Einwohnerzahl abgestellten Gewichtung der Bundesländer soll die Auswahl der Probanden rein zufällig sein, also nicht weiter spezifiziert nach Geschlecht oder Alter, kündigte das Institut SORA an, welches die Teilnehmer auswählt und bis Mitte nächster Woche ein Ergebnis vorlegen will. Ob dadurch tatsächlich belastbare Fakten zur Corona-Verbreitung gewonnen werden können, erscheint mehr als fraglich. Bettina Stelzhammer, die an der Fahchhochschule Salzburg in der Ausbildung Analytikerinnen und Analytiker tätig ist, sagte im NFZ-Interview (siehe Seite 4), dass eine repräsentative Stichprobe wohl um die 10.000 Personen erfassen müsste. Auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der vergangenen Woche im Interview mit oe24-TV eine entsprechende Untersuchung gefordert hatte, ging von einer wesentlich höheren Anzahl aus. Immerhin wird die Regierung an der nun anvisierten Zahl – im Gegensatz zu den 15.000 täglichen Tests – wohl nicht scheitern. Fraglich bleibt, ob die Ergebnisse aussagekräftig genug sind, um die weitere Vorgehensweise ausreichend zu stützen. Die Regierung stützt sich in ihren Analysen auf den Rat von Experten, sie begründet die von ihr verhängten Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus mit Einschätzungen von Experten – von den „besten Experten“ sogar, wie der Kanzler gerne betont. Doch wer sind diese Experten? Experten vor! Wenn ich beispielsweise höre, was jemand aus der Praxis über die Corona-Tests sagt, wie dies Bettina Stelzhammer in dieser Ausgabe der NFZ tut, dann muss ich mich fragen, ob Expertise aus diesem Bereich bisher berücksichtigt wurde. Wohl kaum, sonst könnte man nicht 15.000 Tests pro Tag ankündigen – und dann nicht liefern. Offenbar hat man also auf jene Personen, welche die eigenen Ankündigungen umsetzen sollen – in diesem Fall die Biomedizinischen Analytiker –, komplett vergessen. Das ist im Übrigen auch eine Berufsgruppe, die derzeit unter enormer Belastung steht und der ich bei dieser Gelegenheit einmal ein aufrichtiges Danke sagen möchte. Ich fordere die Regierung auf, Einblick in ihre Entscheidungsgrundlagen zu gewähren. Die Experten, welche die politischen Verantwortungsträger beraten, sollen sich auch den Parlamentariern stellen und ihre Argumente begründen. Und sie sollen in großen öffentlichen Diskussionen auch die Fragen der Österreicher beantworten – beispielsweise in einem Format wie dem ORF-Bürgerforum. Das wäre etwas ganz anderes als die Pressekonferenz-Staffetten, die derzeit stattfinden und bei denen Kurz und Co. uns einschärfen, ihnen doch zu glauben. Es geht aber nicht darum, ob man etwas glaubt oder nicht, sondern darum, ob man etwas weiß oder nicht.

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